Die Empathiekarte: Schlüssel zum erfolgreichen Produktmanagement
In unserer Rolle als Produktmanager liegt es in unserer Verantwortung, die Nutzer ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken. Dieser Fokus führt nicht nur zu einer verbesserten Nutzung des Produkts, sondern hat auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf unser Unternehmen. Die Empathy Map, auf Deutsch auch als „Empathiekarte“ bezeichnet, stellt ein wertvolles Werkzeug für Produktmanager dar, das uns dabei hilft, ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse unserer Zielgruppe zu entwickeln.
Die Empathiekarte ist ein visuelles Werkzeug, das dazu dient, das Verständnis für die Bedürfnisse, Gefühle und Perspektiven einer Zielgruppe zu vertiefen. Sie ermöglicht es, die Welt aus deren Sicht zu betrachten und dient als Grundlage für bessere Kommunikation, Produktdesign und zwischenmenschliche Beziehungen.
Warum nutzen wir Empathiekarten?
Empathiekarten schaffen eine gemeinsame Basis zwischen den Teammitgliedern und den Bedürfnissen der Nutze. Im nutzerzentrierten Design werden Empathiekarten am besten gleich zu Beginn des Designprozesses eingesetzt.
Der Empathie-Mapping-Prozess hilft Ihnen dabei, Ihr Wissen über den Benutzer an einem Ort zu destillieren und zu kategorisieren. Sie können dadurch beispielsweise qualitative Forschungsergebnisse (Forschungsnotizen, Umfrageantworten, Abschriften von Benutzerinterviews) kategorisieren. Lücken in Ihrem derzeitigen Wissen zu entdecken und die Arten von Forschung zu identifizieren, die zur Behebung dieser Lücken erforderlich sind.
Eine spärliche Empathiekarte deutet darauf hin, dass mehr Forschung betrieben werden muss. Erstellen Sie Personas, indem Sie die Empathiekarten für einzelne Benutzer abgleichen und gruppieren.
Achten Sie unbedingt darauf, dass die Empathiekarte „lebendig“ bleibt.
Was ist eine Empathiekarte?
Die Empathiekarte wurde von Dave Gray entwickelt und verfolgt eine klare Struktur. Sie besteht aus vier unterschiedlichen Quadranten, die abbilden, was ein Benutzer sagt, denkt, tut und fühlt. Dabei steht eine bestimmte Persona in der Mitte und spiegelt Ihre Kundengruppe wieder.
Im Fokus stehen folgende vier Bausteine:
- Was sagt der Kunde?
- Was denkt der Kunde?
- Was tut der Kunde?
- Was fühlt der Kunde?
Was der Kunde sagt:
In diesem Quadranten geht es darum, was ein Kunde sagt und ausspricht. Im optimal Fall handelt es sich sogar um ein Zitat, dass direkt von einem Nutzer stammt. Es wird also festgehalten, wie sich Nutzer über das Produkt und deren Nutzung äußern.
Beispiel:
- „Ich weiß nicht, was ich jetzt genau machen muss.„
- „Als ich es das letzte Mal benutzt habe, war es deutlich einfacher.“
Was der Kunde denkt:
Dieser Quadrant birgt bereits die erste große Erkenntnis. Sie fragen sich in diesem Abschnitt, „Was beschäftigt den Nutzer? Was ist für ihn wichtig?“. Die Antworten können, müssen aber nicht ähnlich zu dem gesagten sein. Seien Sie sich wirklich bewusst, dass die Nutzer nicht immer sagen, was sie denken. So zögern viele Nutzer, ihre wahren Meinungen und Schmerzpunkte transparent abzubilden. Wer möchte schon sein Gesicht verlieren und zugeben, was ihn nachts nicht schlafen lässt?
Beispiel:
- „Bin ich dumm, weil ich das nicht verstehe?„
- „Es dauert viel zu lange, ich habe keine Lust mehr.“
Was der Kunde tut:
Dieser Quadrant beschreibt die spezifischen Aktionen, die ein Kunde bei der Nutzung Ihres Produkts oder Ihrer Funktion durchführt. Achten Sie besonders darauf, wie der Kunde innerhalb des Tools navigiert und wie sich dies von der Art und Weise unterscheidet, wie Sie und Ihr Team dies täglich tun. Ich kenne unzählige Beispiele, bei denen die Benutzer neue Funktionen anders nutzen, als sie bisher geplant waren.
So kenne ich ein Beispiel, dass Nutzer sich selbst Nachrichten geschickt haben, um damit eine „Notizfunktion“ zu haben. Spannend, oder?
Beispiel:
- „Der Benutzer ließt den Erklärungstext unten in der Ecke nicht.„
- „Der Benutzer öffnet ein neues Fenster, um in Google nach einer Anleitung zu suchen.“
Was der Kunde fühlt:
Der Gefühlsquadrant ist der emotionale Zustand des Benutzers, der oft als Adjektiv und kurzer Satz für den Kontext dargestellt wird. Fragen Sie sich: Was beunruhigt den Benutzer? Worüber freut sich der Benutzer? Wie fühlt sich der Benutzer bei der Erfahrung?
Beispiel:
- Ungeduldig: Seiten laden zu langsam
- Verwirrt: zu viele widersprüchliche Informationen in Google
Unsere Nutzer sind Menschen. Und Menschen sind nunmal kompliziert. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn sich manche Quadranten überschneiden. Es gibt auch Ungereimtheiten, die wir im ersten Moment nicht verstehen. Negative Emotionen, aber positive Handlung sind keine Seltenheit.
Empathiekarten sind echte Schatzkarten. Wenn Sie tief genug graben, dann entdecken Sie wertvolle Erkenntnisse.
Die 4 Quadranten sind nur dazu da, unser Wissen über die Nutzer zu erweitern und sicherzustellen, dass wir keine wichtige Dimension auslassen. (Wenn Sie nichts haben, was Sie in einen bestimmten Quadranten einordnen können, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass Sie mehr Nutzerforschung betreiben müssen, bevor Sie mit dem Designprozess fortfahren).
Wie erstelle ich eine Empathiekarte?
Sie haben jetzt das theoretische Wissen, um eine Empathiekarte (Empathy Map) zu erstellen. Jetzt möchte ich mit Ihnen in die Praxi gehen. Ihre erste Empathiekarte muss nicht perfekt sein, wichtig ist, dass Sie zumindest mit einer starten. Sie werden feststellen, wie schnell Sie neue Erkenntnisse über Ihre Zielgruppe erlangen. Und noch wichtiger: Sie werden eine Auswirkung bei Ihrer Churn-Rate feststellen. Das garantiere ich Ihnen.
Der erste Schritt: Ziel definieren
Bevor Sie eine Empathiekarte erstellen, müssen Sie sich ein klares Ziel für dieses Projekt setzen. Was möchten Sie zu erreichen? Dieses Ziel gibt Ihnen Orientierung und führt Sie durch den gesamten Prozess. Das wird wichtig.
Fragen Sie sich: Welchen Benutzer oder welche Persona wollen Sie abbilden? Beginnen Sie immer mit einem 1:1-Mapping (1 Nutzer/Persona pro Empathiekarte). Das heißt, wenn Sie mehrere Personas haben, sollte es für jede eine Empathiekarte geben.
Der zweite Schritt: Vorhandene Materialien sichten
Sammeln Sie Ihre bereits erhobenen Daten. Diese Daten dienen als Grundlage für Ihre Empathiekarte. Dabei gibt es keine Vorschrift welche Daten Sie verwenden dürfen und welche nicht. Üblicherweise benutzen Produktmanager Nutzerinterviews und Umfragen.
Der dritte Schritt: Quadranten füllen
In diesem Schritt ordnen Sie jedem Quadranten den passenden Inhalt zu. Das können Sie beispielsweise mit einfachen Post-Its machen. Die Erfahrung zeigt: Starten Sie mit „Sagen“. Dieser Quadrant ist am einfachsten auszufüllen, da Sie die Informationen aus Primärquellen beziehen.
Hier gibt es kein Rätselraten: Es handelt sich einfach um Zitate. Aus jedem Zitat können Sie den Zusammenhang herstellen, Handlungen nachvollziehen und Gedanken und Gefühle ableiten.
Der vierte Schritt: Ergebnisse clustern
Im Normalfall haben Sie durch den dritten Schritt ähnliche oder übereinstimmende Notizen gesammelt. Dies ist im ersten Moment ein positives Zeichen dafür, dass Sie sich auf ein Verständnis Ihrer Nutzer als Gruppe zubewegen.
Erstellen und notieren Sie übergeordnete Themen für jede dieser Gruppierungen oder Cluster und diskutieren Sie, warum sie zusammenhängen, während Sie sie gruppieren. Damit reduzieren Sie die Anzahl der Post-Its und komprimieren das Wissen auf klare Aussagen. Eine effektive Methode hierfür ist das Affinitätsdiagramm.
Der fünfte Schritt: Veröffentlichen & Leben
Sobald Sie und Ihr Team mit der Dokumentation der Notizen in jedem Quadranten fertig sind, sollten Sie das Ergebnis so schnell wie möglich digitalisieren und veröffentlichen.
Erinnern Sie sich und Ihr Team regelmäßig an die Empathiekarte. Drucken Sie diese aus, hängen Sie diese in den Meetingraum.
Wo erstelle ich eine Empathiekarte?
Sie haben jetzt ausreichend Wissen darüber, wie Sie eine Empathiekarte erstellen. Die entscheidende Frage ist nun, wo kann ich solch eine Empathiekarte problemlos online erstellen. Ich möchte Ihnen mein persönliches Tool vorstellen, welches gute Vorlagen für die sogenannte Empathy Maps bietet.
Empathiekarten mit Miro erstellen:
Miro ist ein webbasiertes, digitales Whiteboard, das Teams bei der Zusammenarbeit unterstützt. Die Bibliothek von Miro macht es einfach, Informationen visuell zu organisieren und bietet alles von Diagrammen bis hin zu Empathiekartenvorlagen.
Um eine Empathiekarte mit Miro zu erstellen, beginnen Sie mit der Erstellung einer neuen Tafel. Sie können die virtuellen Haftnotizen von Miro verwenden, um die Gedanken, Gefühle, Handlungen und Worte des Benutzers darzustellen. Die Drag-and-Drop-Benutzeroberfläche der Anwendung macht es einfach, die Haftnotizen in die richtigen Quadranten zu verschieben. Sie können auch andere Bilder und visuelle Elemente hinzufügen, auf Ihre UX-Forschung verweisen und Notizen und Kommentare für andere Mitglieder Ihres Teams hinzufügen.
Der Hauptvorteil von Miro ist, dass es sich um ein Echtzeit-Kollaborationstool handelt, so dass Teammitglieder gleichzeitig an derselben Karte arbeiten können. Die visuellen Anpassungsoptionen der Anwendung machen es einfach, Ihre Karte so einzurichten, wie es für Ihr Team am besten ist. Obwohl Miro keinen integrierten Empathiekarten-Generator bietet, können Sie die Vorlagenfunktion nutzen, um eine Empathiekarte zu erstellen, die Ihr gesamtes Team verwenden kann.
Da Miro im Wesentlichen ein digitales Whiteboard ist, können Sie es auch für andere Teile Ihres UX-Designprozesses verwenden, z. B. für die Erstellung von User Flows und Wireframing.